Dienstag, 10. Februar 2009

Das weise Wunder

Meine Mitbewohnerin kam nachts von der Straße hoch, klopfte an meine Tür und meinte, 'Wenn ich etwas schönes sehen will, dann stell dich für drei Minuten runter'. Dem ging eine lange Unterhaltung voraus, nach dem Sinn des Lebens und so, wie man halt solche Gespräche führt, wenn man in einer gemütlichen Runde zusammen sitzt, einen guten Film sieht, und ein kleines Bier genießt. Jedenfalls merkte ich irgendwann an, dass ich den Zugang zur Schönheit des Lebens verloren habe. Ich weiß, sie ist da draußen, aber ich kann sie einfach nicht mehr finden.

Aber ich befolgte ihren Rat. Ich dachte mir schon, was kommen wird, aber als ich dann unten stand, war alles anders. Ich kann nicht sagen, es überwältigte mich, aber der Anblick war einfach nur schön. Sanft rieselten die Flocken aus der Dunkelheit der Nacht in das Licht der Straßenlaterne. Kein Wind war zu spüren und die friedliche Stille wurde nur ab und an durch einzelne, verloren wirkende, schon mit Schnee bedeckte Autos durchbrochen. Auch auf dem Boden setzte sich bereits eine dünne Schicht der weisen Pracht ab, die ihr Eins-Sein von wenige menschlichen Spuren vervollständigte ...

... und ich ertappte mich, wie ein leichtes Lächeln mein müdes Gesicht zierte, als ich mich umdrehte, und wieder nach oben ging.